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Tuesday, August 25, 2020

Antitrust & Competition (Swiss Law) - Vertical & Horizontal Restraints - Exclusive Delivery & Non-Competition Clause

 

Sekretariat der Wettbewerbskommission der Schweiz

 

SwissZinc AG

 

Vorabklärung

 

Potentiell unzulässiger Wettbewerbsabreden

 

Potentiellen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung

 

Markteintritts-/Marktaustrittsschranken

 

Markt für den Transport

 

Markt für den Verkauf von hochreinem Zink

 

Exklusivlieferung und Wettbewerbsverbot

 

Preis und Qualität

 

Technische Entwicklung

 

Disziplinierende Wirkung

 

«Legitimate Business Reasons»

 

Potentielle Diskriminierung bzw. Ungleichbehandlung von Handelspartnerinnen

 

 

 

Schlussbericht vom 25. August 2020 in Sachen Vorabklärung gemäss Art. 26 KG betreffend: SwissZinc AG wegen potentiell unzulässiger Wettbewerbsabreden gemäss Art. 5 KG und des potentiellen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäss Art. 7 KG (DPC 2020/4a, S. 1541).

 

 

(…) Es verblieben bei der Realisierung des Projekts lediglich die vier Schweizer Sonderabfallverwerter als mögliche Konkurrenten der SwissZinc-Anlage übrig (S. 1546).

 

 

48. Die Markteintrittsschranken würden sich jedoch auch für das Segment der Sonderabfallverwerter erheblich erhöhen, wenn die SwissZinc AG [75-95] % des Marktes für die Entsorgung von Hydroxidschlamm erreichen würden. In dem Falle würden die [5-25] % Restmarkt kaum Kapazität für einen zusätzlichen Sonderabfallverwerter bieten. Erst nach Ablauf der 15-Jahre Exklusivitätsdauer würden die Markteintrittsschranken wieder sinken.

 

 

B.3.4.3 Markteintritts-/Marktaustrittsschranken

56. Durch die geringen Kapazitäten und steigende Nachfrage (siehe B.3.4.2) bleibt der Markt für die Produktion von Hydroxidschlamm voraussichtlich auch in Zukunft noch offen. Die KVA, welche sich für eine kurze Zeit (z. B. 2 bis 3 Jahre) an eine FLUWA-Anlage binden, sind nach Ablauf dieser Frist frei, die Dienstleistung bei alternativen FLUWA-Anlagen nachzufragen.

57. Allerdings erfordert der Bau einer FLUWA-Anlage eine grosse Erstinvestition sowie Nachrüstungskosten. Manche KVA haben den Bau einer FLUWA in Betracht gezogen, sich dann aber aufgrund technischer oder logistischer Schwierigkeiten gegen den Bau einer eigenen FLUWA entschieden.

58. Somit werden womöglich auch ab der Inbetriebnahme der SwissZinc-Anlage die Markeintrittsschranken für die FLUWA-Betreiber relativ niedrig bleiben.

 

 

B.3.5 Markt für den Transport

59. Flugasche und Hydroxidschlamm sind Sonderabfälle und der Transport ist somit bewilligungspflichtig (vgl. Rz 13). Gemäss Angaben der SwissZinc AG sei der Transport von Hydroxidschlamm einfach, weshalb nicht speziell auf den Transport von Hydroxidschlamm spezialisierte Unternehmen eingesetzt werden müssen. Da die SwissZinc AG, welche den Transport der Hydroxidschlämme von den FLUWA-KVA zur SwissZinc-Anlage über ein externes Transportunternehmen organisiert, möglichst viel Hydroxidschlamm mit der Bahn transportieren wolle, werde die Auswahl an möglichen Transportunternehmen eingeschränkt.

 

 

60. Die FLUWA-KVA übergeben den Hydroxidschlamm aktuell an die vier Schweizer Sonderabfallverwerter (Chiresa AG, Spaltag AG, Sovag Veolia, Air Mercury AG), welche diesen zu den ausländischen Verwertern exportieren. Der Transport wird schliesslich von einem externen Transportunternehmen per Bahn oder LKW durchgeführt.

61. Gemäss Angaben der Transportunternehmen kann der Transport von Flugasche und/ oder Hydroxidschlamm von jedem Strassentransporteur durchgeführt werden. Neben der Bewilligung für Sonderabfälle müssen lediglich spezielle Fahrzeuge eingesetzt werden, z. B. Silo bei Flugasche und Containerfahrzeuge bei Hydroxidschlamm. Dies sind relativ geringe Hürden für einen Strassentransporteur den Transport von Flugasche respektive Hydroxidschlamm anzubieten, so dass man von einem Markt für den Transport ausgehen kann.

 

 

B.3.6 Markt für den Verkauf von hochreinem Zink

 

64. Die einzige Anbieterin von Zink auf dem Schweizer Markt ist zurzeit die KVA KEBAG, welche im FLUREC-Verfahren rund 250–300 t Zink pro Jahr produziert. Die Zinknachfrage betrug im Jahr 2018 in der Schweiz etwas über 7 000 t. Die Nachfrage überstieg das Angebot von Zink somit bei weitem und der grösste Teil des Zinks wurde von ausländischen Anbietern importiert.

 

 

72. Um die Finanzierung ihres Projekts zu sichern, sei die SwissZinc AG gemäss eigenen Angaben auf die Anlieferung von mindestens [75-95] % des jährlich in der Schweiz produzierten Hydroxidschlamms angewiesen. Nur in diesem Fall könne das Projekt SwissZinc AG so realisiert werden, dass es konkurrenzfähig sei. Die «marktbeherrschende Stellung» sei gerade die notwendige Voraussetzung für den Bau der SwissZinc-Anlage.

73. Die SwissZinc AG verfügt mit der angestrebten Ausgestaltung des Projektes ab dem ersten Tag ihrer Inbetriebnahme über einen Marktanteil von mindestens [75-95] % auf dem Markt für die Entsorgung von Hydroxidschlamm. Dieser Marktanteil ist für mindestens 15 Jahre gesichert, da die Aktionärinnen und Gönnerinnen sich für mindestens 15 Jahre zu einer Exklusivlieferung und einem umfassenden Wettbewerbsverbot (dazu B.2.3.3) verpflichten müssen.

74. Folglich herrscht höchstens auf einem Anteil von maximal [5-25] % des Marktes für Entsorgung von Hydroxidschlamm Wettbewerb. Einzig auf diesem Teil des Markts steht die SwissZinc AG mit den aktuellen Schweizer Sonderabfallverwertern (dazu Rz 36; Chiresa AG, Spaltag AG, Air Mercury AG und Sovag Veolia) in Konkurrenz.

 

 

99. Wie sich dieser Preis vor und nach der Inbetriebnahme der SwissZinc AG entwickelt, lässt sich nicht vorhersehen. Da die SwissZinc AG eine zumindest teilweise Verdrängung der alternativen Verwertungsdienstleistungen zur Folge hätte und die SwissZinc AG eine Monopolstellung anstrebt, besteht zumindest die Gefahr, dass die Preise langfristig über dem Wettbewerbsniveau liegen könnten.

 

 

B.4.6 Auswirkungen auf die technische Entwicklung

100. Da die SwissZinc AG sich aufgrund der exklusiven Bindung der Aktionärinnen und Gönnerinnen während 15 Jahren keiner namhaften Konkurrenz stellen muss und sie eine Anbindung von [75-95] % des Marktes für die Amortisierung ihrer Investitionen anstrebt, ist nicht zu erwarten, dass die SwissZinc AG in dieser Zeit in die technische Weiterentwicklung investieren wird.

101. Der Innovationsanreiz bei den Konkurrenten der SwissZinc AG ist gering, da die Markteintrittsschranken aufgrund der exklusiven Bindung der Kundinnen der SwissZinc AG über 15 Jahre sehr hoch sind.

 

 

Markt für die Entsorgung von Hydroxidschlamm(i) Sachlich relevanter Markt

 

118. Die SwissZinc AG plant die Entsorgung von Hydroxidschlämmen mit Rückgewinnung von Metallen, insbesondere Zink. Da aufgrund der Revision der VVEA ab 1. Januar 2021 nur noch die Metallrückgewinnung als gesetzeskonformer Entsorgungsweg von Flugasche möglich ist, bilden lediglich Verfahren der Entsorgung mit Metallrückgewinnung mögliche Substitute für die angebotenen Dienstleistungen der SwissZinc AG. Mit der Realisierung der SwissZinc-Anlage wird das FLUREC Verfahren eingestellt, womit keine direkte Metallgewinnung aus Flugasche mehr angeboten. Der sachliche Markt betrifft somit die Entsorgung von Hydroxidschlämmen (mit Metallrückgewinnung).

 

128. Die aktuellen Konkurrenten bei der Entsorgung von Hydroxidschlamm sind die Schweizer Sonderabfallunternehmen, die den Hydroxidschlamm zur Aufbereitung ins Ausland transportieren. Aufgrund der 15-jährigen Bindung der beteiligten KVA an die SwissZinc sind diese lediglich auf maximal [5-25] % des Marktes tätig. In der Schweiz sind aktuell die Sonderabfallverwerter Chiresa AG, Spaltag AG, Air Mercury AG und Sovag Veolia tätig. Ob all diese Konkurrenten bei Realisierung des SwissZinc Projektes auf dem Markt verbleiben, ist nicht klar.

 

129. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass mit der Realisierung des SwissZinc Projektes auf mindestens [75-95] % des relevanten Marktes kein Wettbewerb stattfinden und auf den restlichen maximal [5-25] % die SwissZinc in Konkurrenz mit den genannten aktuellen Konkurrenten stehen wird, wobei möglicherweise einer oder mehrere Konkurrenten aufgrund des kleinen übrigbleibenden Marktvolumens aus dem Markt ausscheiden wird.

 

(…) 133. Folglich ist die Stellung der Marktgegenseite insgesamt zu schwach, um eine disziplinierende Wirkung auf die SwissZinc AG zu haben.

 

135. Das Sekretariat kommt daher zum Schluss, dass die SwissZinc AG bei der Umsetzung des Projekts in seiner hier beurteilten Form über eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für die Entsorgung von Hydroxidschlamm in der Schweiz ab 2025 verfügen würde.

 

 

142 Gemäss Urteil des Bundesgerichts in Sachen Publigroupe ist ein Marktanteil von über 50 % ein Indiz für eine marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens, BGE 139 I 72, E. 9.3.3.2; das Bundesverwaltungsgericht entschied im DCC Fall, dass bei Marktanteilen über 60 % oder 70 % die Vermutung einer marktbeherrschenden Stellung bestehe. Die Schwelle für die Widerlegung der Vermutung durch gegenteilige Faktoren sei bei solchen Marktanteilen umso höher, Urteil des BVGer B-831/2011 vom 18.12.2018, E. 442, DCC (S. 1558).

143 Der Marktanteil eines Unternehmens auf dem relevanten Markt gehört gemäss Literatur zu einem der wichtigsten Elemente bei der Beurteilung der markbeherrschenden Stellung eines Unternehmens. Ein Marktanteil von über 50 % wird als kritische Schwelle angesehen und gilt somit als Indiz für eine marktbeherrschende Stellung (S. 1558).

 

137. Das Kartellrecht verbietet eine marktbeherrschende Stellung nicht. Allerdings trägt das marktbeherrschende Unternehmen eine besondere Verantwortung für sein Marktverhalten. Nach Art. 7 Abs. 1 KG verhalten sich marktbeherrschende Unternehmen unzulässig, wenn sie durch Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen. Gemäss Rechtsprechung bedeutet dies, dass eine Marktbeherrscherin aktuelle oder potentielle Konkurrenten und andere Marktteilnehmer nicht behindern (Behinderungsmissbrauch) sowie Lieferanten, Abnehmer oder Verbraucher nicht ausbeuten bzw. benachteiligen darf (Ausbeutungs- oder Benachteiligungsmissbrauch).

 

138. Die Behinderung und Benachteiligung nach Art. 7 Abs. 1 KG werden durch den Beispielkatalog in Art. 7 Abs. 2 KG konkretisiert. Ob die darin aufgeführten Verhaltensweisen missbräuchlich sind, ist allerdings im Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 1 KG zu beurteilen. Verhaltensweisen, die unter die Tatbestände des Art. 7 Abs. 2 KG fallen, sind nicht per se unzulässig. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine Verhaltensweise nach Art. 7 Abs. 2 KG eine Behinderung bzw. Benachteiligung i.S. des Art. 7 Abs. 1 KG darstellt. Der Beispielkatalog von Art. 7 Abs. 2 KG kann folglich nicht getrennt von Art. 7 Abs. 1 KG betrachtet werden. Ferner ist stets zu prüfen, ob sachliche Gründe der Rechtfertigung («legitimate business reasons») vorliegen. Liegen keine Rechtfertigungsgründe vor, ist die Behinderung oder Ausbeutung bzw. Benachteiligung unzulässig. Gemäss Bundesgericht kann für die Auslegung von Art. 7 KG die Literatur und Praxis von Art. 102 AEUV herangezogen werden.

 

 

C.5.2.3 Potentielle Diskriminierung bzw. Ungleichbehandlung von Handelspartnerinnen

151. Das Diskriminierungsverbot von Art. 7 Abs. 2 Bst. bKG führt dazu, dass ein markbeherrschendes Unternehmen alle potenziellen Handelspartner in sachlich vergleichbarer Lage grundsätzlich gleich behandeln muss. Marktbeherrschende Unternehmen haben die Pflicht, Wettbewerber in vor- oder nachgelagerten Handelsstufen gleich zu behandeln wie die zum marktbeherrschenden Unternehmen gehörenden Wirtschaftseinheiten. Das marktbeherrschende Unternehmen muss die Wettbewerber zu Bedingungen beliefern, die nicht ungünstiger sind als für die eigenen Wirtschaftseinheiten wie Tochter- oder Muttergesellschaften.

172 Mit anderen Worten schränkt der Tatbestand der Diskriminierung von Handelspartnern die Vertragsfreiheit des marktbeherrschenden Unternehmens ein. Es darf aktuelle und potenzielle Geschäftspartner nicht ohne sachliche Gründe mit Bezug auf Preise oder andere Geschäftsbedingungen ungleich behandeln. Der Unrechtsgehalt der Norm liegt darin, dass Mitbewerber ohne sachliche Rechtfertigung in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert oder die Marktgegenseite ausgebeutet wird.

 

155. In casu ist zu untersuchen, ob die folgenden Sachverhaltskonstellationen eine Ungleichbehandlung der Handelspartner und dadurch eine Diskriminierung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Bst. b KG darstellen:

- Höhere Gate Fee für die Verwertung von Hydroxidschlamm von Nichtbeteiligten

- Annahmepflicht des Hydroxidschlamms der Mitglieder

- Preissetzung in Abhängigkeit von der Hydroxidschlammqualität für Nichtbeteiligte (S. 1561).

 

 

159. Durch diese Vorgehensweise werden die nicht an der SwissZinc AG beteiligten KVA (mit oder ohne FLUWA) sowie die Chiresa AG in Bezug auf die Höhe der Gate Fee gegenüber den Mitgliedern ungleich behandelt. Wie in der genannten Kasuistik liegt folglich eine Ungleichbehandlung von nicht beteiligten Gesellschaften für den Bezug derselben Leistung vor.

 

 

164. Es liegt also auch in Bezug auf die Annahme des Hydroxidschlamms eine Ungleichbehandlung nicht beteiligter KVA (mit oder ohne FLUWA) und der Chiresa AG vor.

 

 

167. Gesamthaft profitieren die an der SwissZinc AG beteiligten Unternehmen von verbesserten Konditionen im Vergleich zu den Nichtbeteiligten. Insbesondere würden die Unternehmen, die nicht an der SwissZinc AG beteiligt sind (unbeteiligte KVA mit oder ohne FLUWA-Anlage und die Sonderabfallverwerterin Chiresa AG), für die Entsorgung von Hydroxidschlämmen bei der SwissZinc AG mehr bezahlen, obwohl die Qualität der gelieferten Hydroxidschlämme gegebenenfalls besser ist als diejenige von an der SwissZinc AG beteiligten KVA. Wäre dem so, läge darin eine erste Ungleichbehandlung. Ferner können Drittunternehmen nur solange an die SwissZinc AG liefern, als ihre Lieferungen bestenfalls nicht mehr als 20 % des Gesamtumsatzes ausmachen. Aufgrund dieser Vorteile nehmen die an der SwissZinc AG beteiligten Unternehmen auch eine stärkere Stellung gegenüber ihren Kunden ein, indem sie ihnen tiefere Preise verrechnen können. Dadurch würden die Nichtbeteiligten einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Daneben müssten die nicht an der SwissZinc AG beteiligten KVA bzw. FLUWA-KVA im Gegensatz zu beteiligten KVA bzw. FLUWA-KVA stets bemüht sein, qualitativ hochwertigen Hydroxidschlamm an die SwissZinc AG liefern zu können, um von tieferen Preisen zu profitieren. Daraus würde eine weitere Ungleichbehandlung resultieren. Vordergründig bestünde also eine Benachteiligung dieser Drittunternehmen gegenüber den an der SwissZinc AG beteiligten KVA für den Bezug derselben Dienstleistung.

 

 

C.5.2.5 Voraussichtlich keine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung (keine «legitimate business reasons»)

169. Gemäss Rechtsprechung liegt eine sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung bzw. «legitimate business reasons» vor, wenn sich das betreffende Unternehmen auf kaufmännische Grundsätze (z. B. Verlangen der Zahlungsfähigkeit des Vertragspartners) stützen kann.

 

176 Andere sachliche Gründe sind etwa die veränderte Nachfrage, Kosteneinsparungen, administrative Vereinfachungen, Transport- und Vertriebskosten, technische Gründe.

 

177 Die WEKO geht praxisgemäss von sachlich gerechtfertigten Verhaltensweisen aus, wenn diese objektiv notwendig und verhältnismässig sind.

 

178 Dies ist regelmässig dann der Fall, wenn keine alternativen Verhaltensweisen zur Verfügung standen, welche sich weniger wettbewerbsverfälschend ausgewirkt hätten.

 

(…) Die preisliche Schlechterstellung nichtbeteiligter Unternehmen scheint vielmehr zwei Zwecke zu verfolgen: die Marktverdrängung von Konkurrenten vom Markt für Entsorgung von Hydroxidschlamm und gleichzeitig die Anbindung sämtlicher KVA an der SwissZinc AG, um eine Monopolstellung zu erreichen. Diese beiden Zwecke stellen keine sachliche Rechtfertigung für die vorliegende Ungleichbehandlung dar. Es liegen daher Anhaltspunkte vor, wonach die SwissZinc AG ihre Handelspartner zumindest gegenüber ihren Aktionärinnen ungerechtfertigt diskriminieren könnte.

 

 

C.5.3.3.1 Exklusivbelieferungspflicht und Wettbewerbsverbot

191. Exklusivvereinbarungen können unter normalen Wettbewerbsbedingungen zulässig sein. Wie aus der soeben dargelegten Kasuistik hervorgeht, gilt dies jedoch in der Regel nicht in einem Markt, in dem der Wettbewerb aufgrund der marktbeherrschenden Stellung eines Geschäftspartners bereits eingeschränkt ist.

192. Würden ein Teil oder sämtliche unabhängigen KVA, die im Aktionärbindungsvertrag oder dem Gönnervertrag vorgesehene 15-jährige Exklusivbelieferungspflicht und das Konkurrenzverbot (vgl. B.2.3.3, v.a. Rz 27) unterzeichnen, hätten die Konkurrentinnen der SwissZinc AG während dieser Zeit keine Möglichkeit, beteiligte KVA, welche der SwissZinc AG direkt oder indirekt (über FLUWA-KVA) [75-95] % des Hydroxidschlamms lieferten, als Neukunden zu gewinnen.

193. Die Konkurrenz der SwissZinc AG kann für den Zeitraum von mindestens 15 Jahren unabhängig davon, wie innovativ, qualitativ hochstehend und günstig ihr Angebot ist, nicht in Wettbewerb mit der SwissZinc AG um die Entsorgung von Hydroxidschlamm aus Flugasche von beteiligten KVA treten. Mit anderen Worten beschränkt bzw. verunmöglicht die SwissZinc AG, indem sie die KVA mittels den Exklusivverträgen, dem Konkurrenzverbot und den einheitlichen Transportkosten an sich bindet, den Absatz ihrer Konkurrenten für den Zeitraum von 15 Jahren.

 

 

Durch den Ausgleich würden allenfalls ähnlich wie im KTB-Verfahren bei den Mengenrabatten und dem Kies- und Betonbatzen, der Markteintritt von Drittunternehmen erschwert und deren Dienstleistungen weniger attraktiv gemacht. Der Transportkostenausgleich ist zudem eine Vorzugskondition, die sich ähnlich wie ein Exklusivrabatt auswirken könnte. In den Genuss des Transportkostenausgleichs kommt nämlich nur, wer zugleich die Exklusivlieferungsvereinbarung und das Konkurrenzverbot mit der SwissZinc AG abschliesst. Der Transportkostenausgleich schafft für diejenigen KVA, welche davon profitieren würden, einen zusätzlichen ökonomischen Anreiz, sich an die SwissZinc AG zu binden.

 

 

C.5.3.5 Voraussichtlich keine sachliche gerechtfertigte Einschränkung von Absatz oder der technischen Entwicklung (keine «legitimate business reasons»)

199. Die Exklusivliefervereinbarung oder das Wettbewerbsverbot könnten gemäss einem Teil der Literatur beim Vorliegen der nachfolgenden Gründe gerechtfertigt sein: Sicherheits- oder Umweltschutzgründe, Kapazitätsengpässe zur Aufrechterhaltung des bisherigen Produktions- oder Vertriebsumfangs und Rationalisierungsprozesse. Die Botschaft anerkennt Umweltschutzgründe als möglichen Effizienzgrund, wenn dadurch eine rationellere Nutzung von Ressourcen oder öffentlichen Gütern erreicht werden soll. Ob Umweltschutzgründe tatsächlich als Effizienzgründe herangezogen werden können, wurde von der Rechtsprechung noch nicht rechtskräftig geprüft.

 

200. Die WEKO prüfte in ihrer Praxis zu den «legitimate business reasons» auch im Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 2 Bst. e KG, ob kaufmännische Grundsätze (z. B. das Verlangen der Zahlungsfähigkeit des Vertragspartners) eine veränderte Nachfrage, Kosteneinsparungen, administrative Vereinfachungen, Transport- und Vertriebskosten oder technische Gründe die Einschränkung rechtfertigten. In der vorliegenden Konstellation fallen insbesondere Umwelt- und Investitionsschutzgründe als mögliche Rechtfertigungsgründe in Betracht.

 

 

205. Andere Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich und wurden von der SwissZinc AG auch nicht (sinngemäss) vorgebracht. Insgesamt würden voraussichtlich durch die Exklusivbelieferungsvereinbarung und das Konkurrenzverbot der Absatz und die technische Entwicklung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Bst. e KG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 KG behindert.

 

 

C.5.4 Mögliche gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen und sonstigen Geschäftsbedingungen (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 2 Bst. d KG)

 

C.6.2 Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG

 

C.6.5 Abrede zwischen Unternehmen gleicher und verschiedener Marktstufen

217. Primär sollen im Verwaltungsrat die FLUWA-Aktionärinnen vertreten sein. Sie sind auf derselben Marktstufe tätig und als solche Konkurrentinnen bei der Produktion von Hydroxidschlamm. Dasselbe gilt für das Verhältnis zwischen den KVA ohne FLUWA, die im Verwaltungsrat vertreten sind. Sie stehen ebenfalls in einem horizontalen Verhältnis zueinander. Sofern gleichzeitig FLUWA-KVA und andere KVA im Verwaltungsrat vertreten sind, stehen sie in einem vertikalen Verhältnis zueinander. Da die Aktionärinnen in der Generalversammlung den Verwaltungsrat bestimmen, tragen sie dessen Entschlüsse mit. In der Generalversammlung sind ebenfalls FLUWA-KVA und andere KVA vertreten. Insgesamt bestehen damit im Rahmen der SwissZinc AG gleichzeitig Abreden zwischen Unternehmen gleicher und verschiedener Marktstufen.

 

C.6.7 Mögliche Qualifikation der einheitlichen Gate Fee als Preisabreden im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG

219. Es ist zu prüfen, ob die Abreden über die Gate Fee den Tatbestand von Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG erfüllen könnten. Aus dem Wortlaut der Norm folgt, dass das direkte oder indirekte Festsetzen von Preisen eine Preisabrede darstellt. Der Begriff der Preisabrede wird von den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten weit ausgelegt. So bezieht sich Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG gemäss Praxis auf jede Art des Festsetzens von Preisen, Preiselementen und Preiskomponenten. Preisabreden können folglich den gesamten Preis eines Produktes oder einer Dienstleistung betreffen oder blosse Teile davon. Preisabreden liegen auch vor, wenn den Abredeteilnehmern ein gewisser Preisgestaltungsspielraum verbleibt.

 

 

220. Die Festsetzung der Gate Fee durch den Verwaltungsrat ist eine Abrede im Sinn von Art. 4 Abs. 1 KG. Die Gate Fee ist ein Endpreis für die Verwertung des Hydroxidschlamms und wird von Konkurrentinnen bestimmt. Damit erfüllt die Abrede über die Festlegung der Gate Fee den Tatbestand von Art. 5 Abs. 3 Bst. a KG und ist als horizontale Preisabrede zu qualifizieren.

 

 

(…) Ausnahmen zur grundsätzlichen Erheblichkeit können sich in Fällen von Einkaufskooperationen von Unternehmen ergeben, die gemeinsam über weniger als 15 % an Marktanteilen verfügen.

 

228. Wie dargelegt, betrifft die Abrede über die einheitliche Gate Fee die Wettbewerbsparameter Preis und Qualität. Die Abrede im Rahmen der marktbeherrschenden SwissZinc AG betrifft die Festlegung eines Endpreises und könnte sich tatsächlich wettbewerbsschädigend auf den Preis- und Qualitätswettbewerb auswirken, weshalb ihr Schädigungspotential zukommt. Die Abrede über die Festlegung der Gate Fee könnte somit eine erhebliche Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 KG darstellen.

 

C.6.8 Kein Vorliegen von Effizienzgründen

 

236. Selbst wenn eine Kosteneinsparung zu einer Senkung der Preise führen würde und diese Preissenkung an den Endkunden weitergegeben würde, so wäre die Festlegung der einheitlichen Gate Fee nicht notwendig im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Bst. a KG. Selbst wenn man davon ausginge, dass die SwissZinc-Anlage nur mit einer abgesicherten Auftragsmenge funktionieren könnte, könnte die notwendige Auftragsmenge etwa durch eine Preissenkung zugunsten der KVA ohne Exklusivbindung gesichert werden. Die KVA würden die SwissZinc AG dadurch aufgrund ihres Preis-Leistungsverhältnisses wählen. Das Gleiche gilt für das Wettbewerbsverbot und die Festlegung der gemeinsamen Gate Fee.

 

244. Zusammenfassend steht folglich fest, dass die Notwendigkeit der Abrede zur Erreichung des Effizienzziels der rationellen Nutzung der Ressourcen mittels Umweltschutz nicht dargetan ist. Der Umweltschutz könnte auch ohne eine einheitliche Gate Fee erzielt werden. Eine rechtmässige Entsorgung der Flugasche wäre mit oder ohne SwissZinc AG für alle KVA möglich.

 

 

D Anregungen gemäss Artikel 26 Absatz 2 KG

247. Das Sekretariat kommt gestützt auf den bekannten Sachverhalt und die vorangehenden Erwägungen zum Schluss, dass Anhaltspunkte für potentiell unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen vorliegen. Gestützt darauf und in Anbetracht des Ziels der Vorabklärung, das darin besteht mehr Rechtssicherheit für die SwissZinc AG zu schaffen und Anregungen zu formulieren, regt das Sekretariat gestützt auf Art. 26 Abs. 2 KG die Umsetzung der folgenden Massnahmen an:

 

1. Die SwissZinc AG verzichtet auf die Festschreibung eines Wettbewerbsverbots für alle Gönnerinnen und Aktionärinnen sowie alle Handelspartnerinnen der SwissZinc AG;

 

2. Die SwissZinc AG verzichtet auf eine Verpflichtung zu Exklusivlieferungen der Gönnerinnen, Aktionärinnen und Handelspartnerinnen an die SwissZinc AG;

 

3. Die SwissZinc AG verzichtet auf eine Mindestvertragsdauer von 15 Jahren für Gönnerinnen, Aktionärinnen und Handelspartnerinnen der SwissZinc AG;

 

4. Der Preis für die Transportdienstleistung der SwissZinc AG an die Bezüger der Transportdienstleistung soll nicht von konkurrenzierenden KVA (z. B. vom Verwaltungsrat) festgelegt werden;

 

5. Der Preis für die Entsorgung von Hydroxidschlamm (Gate Fee) soll nicht von konkurrenzierenden KVA (z. B. vom Verwaltungsrat) der SwissZinc AG festgelegt werden.

 

Für den Fall, dass die SwissZinc AG eine marktbeherrschende Stellung unter Beachtung der vorgenannten Anregungen erreichen sollte, empfiehlt das Sekretariat zudem Folgendes:

 

1. Nicht-Aktionärinnen der SwissZinc AG dürfen gegenüber Aktionärinnen beim Bezug von gleichen respektive gleichwertigen Leistungen preislich nicht diskriminiert werden. Sie haben für die identischen Dienstleistungen dieselben Preise zu bezahlen;

 

2. Die SwissZinc AG verzichtet auf die Festlegung eines Transportkostenausgleichs;

 

3. Sollte die Transportleistung von der SwissZinc AG ausgeschrieben werden, so soll dies in regelmässigen Abständen, jedoch mindestens alle 3 Jahre, geschehen.

 

 

Thursday, March 5, 2020

U.S. Court of Appeals for the Seventh Circuit, Marion Healthcare, LLC v. Becton Dickinson & Company, Docket No. 18-3735

 

Antitrust

Right to Sue

Monopoly

Indirect Purchasers

 

Conspiracy

Manufacturer/Distributor Conspiracy

Vertical Price-Fixing Only?

 

Distribution Agreement

Dismissal

 

 

Since the Supreme Court’s decision in Illinois Brick v. Illinois, 431 U.S. 720 (1977), only those buyers who purchased products directly from the antitrust violator have a claim against that party for treble damages. “Indirect purchasers” who paid too much for a product because cartel or monopoly overcharges were passed on to them by middlemen must take their lumps and hope that the market will eventually sort everything out. See, e.g., Sharif Pharm., Inc. v. Prime Therapeutics, LLC, Nos. 18-2725 and 18-3003, 2020 WL 881267 at *2 (7th Cir. Feb. 24, 2020). Matters are different, however, when a monopolist enters into a conspiracy with its distributors. In such cases, “the first buyer from a conspirator is the right party to sue.” Paper Sys. Inc. v. Nippon Paper Indus. Co., 281 F.3d 629, 631 (7th Cir. 2002).

 

The plaintiffs in this case (“the Providers”) are healthcare companies that purchased medical devices manufactured by Becton Dickinson & Company. Healthcare providers often do not purchase medical devices directly from the manufacturer; instead, they join a group purchasing organization, known in the trade as a GPO. The GPO negotiates prices with the manufacturer on behalf of its members. It then presents the terms to the provider, which has the opportunity to accept them or reject them. If the provider agrees to the terms, it chooses a distributor to deliver the product. The distributor then enters into contracts with the healthcare provider and the manufacturer. These contracts obligate the distributor to procure the products from the manufacturer and to sell them to the provider. The distribution contracts with the providers incorporate the price and other terms of the agreements that the GPO negotiated, plus a markup for the chosen distributor.

 

We present the facts in the light most favorable to the Providers without vouching for anything. Each of the Providers has purchased conventional syringes, safety syringes, and safety IV catheters from Becton. They allege that Becton charges supracompetitive prices for these products. It is able to do so, they assert, because it has monopoly power in the relevant nationwide market and is unlawfully maintaining that power through anticompetitive contract arrangements among itself, the GPOs, and the distributors.

 

Following industry practice, the Providers did not buy directly from Becton. They relied upon the GPO system described above, unaware of the distortions Becton had introduced. The distributors purchased the medical devices from Becton at the rates negotiated by the GPOs, and the Providers then purchased the devices from the distributors. Because they did not purchase directly from Becton, the Providers may pursue Becton itself only if they have properly alleged a conspiracy.

 

(…) One such limitation was announced in Illinois Brick, where the Court held that, in general, a downstream plaintiff cannot sue an alleged monopolist or cartel member on a theory that a middleman passed an anticompetitive overcharge on to her. Under Illinois Brick, only a purchaser who purchased goods directly from the monopolist (or cartel member) can claim damages. That purchaser is entitled to the full value of the damages stemming from the overcharge, even if it passed on some or all of the overcharge to downstream purchasers and consequently mitigated the damage it suffered. See Hanover Shoe, Inc. v. United Shoe Machinery Corp., 392 U.S. 481 (1968). A plaintiff who asserts that it indirectly bore the brunt of an overcharge passed on by the direct purchaser has no claim.

 

Vertical integration can occur either by internalizing functions within one firm, as one sees in Reiter, or by contract. But contractual vertical integration presupposes independent firms. In that instance, as we explained in Toys “R” Us v. Fed. Trade Comm’n, 221 F.3d 928 (7th Cir. 2000), the manufacturer has an incentive to get the best deal it can from its distributors, both in terms of price and in terms of necessary services. Id. at 937. That will cause the manufacturer to sell its goods to whichever distributor will accomplish the distribution function as efficiently as possible. The manufacturer’s interests thus align with those of the consumer who buys from the distributor, not with those of the distributor.

 

This dynamic breaks down if there is a conspiracy between the manufacturer and the distributor and the point of that conspiracy is to support supracompetitive prices for the ultimate consumer. Rather than keeping both its prices (inclusive of distribution costs) as attractive as possible (i.e. as low as possible) for consumers, as one would expect in a competitive market, the manufacturer/distributor conspiracy has a way to extract supracompetitive profits from consumers. Or at least it can do so if it has enough market power. But market power is a separate element of a plaintiff’s claim. The only point here is that Illinois Brick is not a barrier to suit on behalf of a purchaser who dealt with a member of the conspiracy.

 

The fact that antitrust liability is joint and several reinforces the appropriateness of looking to the first sale outside the conspiracy. See Paper Systems, 281 F.3d at 632 (“Nothing in Illinois Brick displaces the rule of joint and several liability, under which each member of a conspiracy is liable for all damages caused by the conspiracy’s entire output.”).

 

The district court here recognized that Illinois Brick does not bar suits brought by direct purchasers from a conspiracy, but it thought nonetheless that the Providers’ suit could not go forward. It found that the existence of a conspiracy mattered only for cases of price fixing, as opposed to other forms of anticompetitive activity; as we noted, it thus saw no need to delve into the adequacy of the conspiracy allegations. In its view, cases outside of the arena of price fixing implicated the same considerations that led the Supreme Court to adopt the Illinois Brick rule in the first place. In particular, it thought that it would be too difficult to calculate which portion of the overcharge the distributor had absorbed or to ascertain how much of the distributor’s profits came from fair pricing rather than anticompetitive overcharges.

 

We see nothing in either the Illinois Brick line of cases or the conspiracy line that supports this distinction.

 

The Supreme Court confirmed this in Apple Inc. v. Pepper, 139 S. Ct. 1514 (2019). There, consumers who had purchased “apps” from Apple’s “App Store” sued, arguing that Apple had monopolized the retail market for the sale of iPhone apps and had used its power to overcharge consumers. Apple argued that the critical question was “who sets the price,” id. at 1522, not who was the direct seller. It reasoned that because it did not set the retail price, it could not be sued under Illinois Brick, even though the consumers had purchased the apps directly from it. The Court rejected this argument, holding that Illinois Brick “established a bright-line rule where direct purchasers ... may sue antitrust violators from whom they purchased a good or service.” Id. While the details of Apple are different from the facts before us, the same rule applies. Apple confirms that Illinois Brick is a bright-line rule allocating the right to sue to direct purchasers alone, not a rule that requires analysis of competing policy justifications in each case. The relationship between the buyer and the seller, rather than the nature of the alleged anticompetitive conduct, governs whether the buyer may sue under the antitrust laws.

 

(…) A complaint that does not lay out a plausible case for relief will be dismissed. See Bell Atlantic Corp. v. Twombly, 550 U.S. 544 (2007).

 

(…) The district court thus erred in holding that the Illinois Brick rule bars the first purchasers outside of a conspiracy from suing under the antitrust laws except in cases where vertical price fixing is alleged. Provided that our plaintiffs have properly alleged a conspiracy, they may sue for whatever form of anticompetitive conduct they are able plausibly to allege.

 

The role of the distributors is critical to the Providers’ case. That is because the distributors are the entities from which the Providers purchased the products at issue. If the distributors were not part of the alleged conspiracy, then Providers’ case falls apart: no conspiracy, no direct purchaser status, no right to recover. The distributors would be the proper plaintiffs in such a situation and could sue Becton, as other distributors have done in other cases against Becton. See, e.g., In re Hypodermic Prods. Antitrust Litig., 484 F. App’x 669 (3d Cir. 2012).

 

In order to show an antitrust conspiracy, the Providers must prove that “the manufacturer and others had a conscious commitment to a common scheme designed to achieve an unlawful objective.” Monsanto Co. v. Spray-Rite Service Corp., 465 U.S. 752, 768 (1984).

 

(…) These allegations, whether taken alone or together, do not suffice to describe a hub-and-spokes conspiracy. All the Providers have alleged is that the distributors buy and sell the devices in accordance with the terms of the contracts that the GPOs have negotiated. They have made no argument that the distributors played any role in setting the anticompetitive pricing or that there was any quid pro quo according to which Becton compensated them for participating in the alleged antitrust conspiracy. The fact that the distributors pay a fee to the GPOs for the latter’s role in negotiating the contracts is not anticompetitive conduct on its own; indeed, it is to be expected. Without an allegation that the distributors have participated in the conspiracy or knowingly engaged in parallel anticompetitive conduct, the Providers cannot sue the distributors under the antitrust laws.

 

 

(U.S. Court of Appeals for the Seventh Circuit, March 5, 2020, Marion Healthcare, LLC v. Becton Dickinson & Company, Docket No. 18-3735)

 

 

 

 

Sunday, December 1, 2019

Swiss Competition Commission Opinion (in German) - Distribution Agreement - Vertical Restraints

 

Swiss Competition Commission opinion (in German)

 

Antitrust

 

Competition

 

Distribution Agreement

 

Vertical Restraints

 

Horizontal Restraints

 

Supplier in Germany

 

Two Distributors in Switzerland

 

Customer Sharing Agreement in Switzerland

 

Passive Sales Forbidden by Agreement

 

 

 

Vertikales Verhältnis

 

Hier Passivverkäufe aufgrund des Wortlauts der Kundenaufteilungsklausel im Kooperationsvertrag sind ausgeschlossen. Folglich liegt eine qualitativ schwerwiegende Abrede

 

Da die absatzseitige Kundenaufteilung eine qualitativ schwerwiegende Abrede gemäss Ziff. 12 Abs. 2 Bst. b VertBek darstellt, braucht es in quantitativer Hinsicht nur wenig, um die Abrede gestützt auf eine Gesamtbeurteilung der betrachteten qualitativen und quantitativen Kriterien als erhebliche Wettbewerbsbeschränkung zu qualifizieren

 

Intrabrand-und Interbrand-Wettbewerbs

 

 

Die absatzseitige Kundenaufteilung ist hier auch als horizontale Wettbewerbsabrede zwischen Bucher und Brenntag zu werten

 

Unzulässige Wettbewerbsabrede (In der Schweiz Kundinnen und Kunden untereinander teilen)

 

Bewusstes und Gewolltes Zusammenwirken

 

Subjektive Absicht der an der Abrede Beteiligten ist unerheblich

 

Beteiligung Dritter

 

Vertikale Wettbewerbsabreden :

-       Die europäischen Regeln in der Schweiz analog anwendbar sind

-       Definition eines Wettbewerbers

 

Handelsvertreterverhältnisse

 

Parallelimporten

 

Passivverkäufe

 

 

 

 

 

AdBlue ist eine wässrige Harnstofflösung, die den Ausstoss von Stickoxiden (NOx) bei Dieselmotoren reduziert. Mit AdBlue können die Abgase um bis zu 90 % reduziert werden. Die Flüssigkeit ist technisch normiert (ISO 22241-1). Erfüllt ein Anbieter diese Norm, kann er mit dem in Berlin ansässigen Verband der Automobilindustrie e.V, dem Inhaber der Individualmarke «Ad-Blue®», eine Lizenzvereinbarung treffen, um diesen Markennamen verwenden zu dürfen (Rz 4).

 

 

(…) In der Schweiz Kundinnen und Kunden untereinander aufgeteilt haben (Rz 1).

 

 

(…) Mit der Untersuchung sollte geprüft werden, ob die Untersuchungsadressatinnen eine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Bst. c KG getroffen haben (Rz 1).

 

 

8. Auf die SHAB-Publikation der Untersuchungseröffnung vom 5. Dezember 2017 meldeten sich keine Dritten, die sich im Sinne von Art. 43 Abs. 1 Bst. a KG mit Parteistellung am Verfahren beteiligen wollten.

 

 

B.4. Unzulässige Wettbewerbsabrede

30. Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, sind unzulässig (Art. 5 Abs. 1 KG).

 

 

B.4.1 Wettbewerbsabrede

31. Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken (Art. 4 Abs. 1 KG).

 

 

32. Eine Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG definiert sich daher durch folgende Tatbestandselemente: a) ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken der an der Abrede beteiligten Unternehmen und b) die Abrede bezweckt oder bewirkt eine Wettbewerbsbeschränkung.

 

 

B.4.1.1. Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken

33. Die in Art. 4 Abs. 1 KG aufgeführten Formen von Wettbewerbsabreden zeichnen sich alle dadurch aus, dass zwei oder mehrere wirtschaftlich voneinander unabhängige Unternehmen kooperieren. Am einfachsten gelingt der Nachweis eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens, wenn die Wettbewerbsabrede in der Form einer ausdrücklichen Vereinbarung vorliegt.

 

 

35. Die Kundenaufteilung ergab sich gemäss den Untersuchungsadressatinnen aus ihren spezifischen Stärken: Brenntag habe AdBlue importiert und verfüge über die für Grosshändlerinnen typischen Ressourcen, um AdBlue zu transportieren, zu lagern und in kleinere Behälter abzufüllen. Brenntag sei daher ausgerüstet, um Kundinnen und Kunden in der Schweiz zu beliefern, die grössere Mengen AdBlue nachfragen würden (i.d.R. lose im Tankfahrzeug oder in grösseren Behältern). Bucher hingegen verfüge über eine starke Präsenz als Händlerin für kleinere Endkundinnen und Endkunden. Buchers Stärke sei folglich die Belieferung von Kundinnen und Kunden mit kleineren Behältern von AdBlue.

 

 

36. In casu haben Brenntag und Bucher mit dem Kooperationsvertrag und der darin enthaltenen Kundenaufteilung eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen und die Kundenaufteilung mit der Aktennotiz zum Treffen der Untersuchungsadressatinnen vom 20. August 2015 aktualisiert. Damit liegt ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bezüglich der absatzseitigen Kundenaufteilung vor.

 

 

37. Neben einem bewussten und gewollten Zusammenwirken muss die Abrede «eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken» (vgl. oben, Rz 32). Eine Abrede bezweckt eine Wettbewerbsbeschränkung, wenn die Abredebeteiligten «die Ausschaltung oder Beeinträchtigung eines oder mehrerer Wettbewerbsparameter zum Programm erhoben haben». Dabei genügt es, wenn der Abredeinhalt objektiv geeignet ist, eine Wettbewerbsbeschränkung durch Ausschaltung eines Wettbewerbsparameters zu verursachen. Die subjektive Absicht der an der Abrede Beteiligten ist unerheblich.

 

 

(…) Konnte mit der vertraglichen Regelung letztlich der Zweck verfolgt werden, sich bezüglich Kundinnen und Kunden nicht zu konkurrieren (Rz 38).

 

 

Ausserdem belieferten sowohl Brenntag als auch Bucher während des Untersuchungszeitraums, d.h. vom 5. Mai 2014 (Abschluss Kooperationsvertrag) bis zum 9. Juni 2017 (Aufhebung der Kundenaufteilung), Kundinnen und Kunden, die vertragsgemäss der jeweiligen anderen Vertragspartnerin zugeordnet waren. So erzielte Bucher in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 rund [0–20] %, [0–20] %, [0–20] % und [0–20] % des Umsatzes mit AdBlue mit «Brenntag-Kunden». Bei Brenntag lagen die Mengenanteile, die in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 an «Bucher-Kunden» geliefert wurden, bei [0–20] %, [0–20] %, [0–20] % und [0–20] %. Mengenmässig sind die Lieferungen an die Kundinnen und Kunden, die vertragsgemäss der jeweiligen Vertragspartnerin zugeordnet waren, im Untersuchungszeitraum sowohl bei Bucher als auch bei Brenntag gestiegen, wobei zu beachten ist, dass der Absatzmarkt für AdBlue in der Schweiz in den letzten Jahren wachsend war (Rz 38).

 

 

41. Vertikale Wettbewerbsabreden sind erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken und Geschäftsbedingungen betreffen, zu denen die beteiligten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können (Ziff. 1 VertBek64).

 

 

42. In Erw.-Gr. VI. und VII. nimmt die Vertikalbekanntmachung Bezug auf die Vertikal-GVO65 und die entsprechenden EU-Vertikalleitlinien und stellt klar, dass die europäischen Regeln in der Schweiz analog anwendbar sind.

 

 

44. Ziff. 8 Abs. 1 VertBek hält fest, dass die Bekanntmachung für vertikale Wettbewerbsabreden gilt. Weiter findet sie auch Anwendung, wenn Wettbewerber eine nicht gegenseitige vertikale Vereinbarung treffen und a) der Anbieter zugleich Hersteller und Händler von Waren ist, der Abnehmer dagegen Händler, jedoch kein Wettbewerber auf der Herstellungsebene; oder b) der Anbieter ein auf mehreren Handelsstufen tätiger Dienstleister ist, der Abnehmer dagegen Waren oder Dienstleistungen auf der Einzelhandelsstufe anbietet und auf der Handelsstufe, auf der er die Vertragsdienstleistungen bezieht, kein Wettbewerber ist (Ziff. 8 Abs. 2 VertBek; sog. zweigleisiger oder dualer Vertrieb). Zudem schliesst die Anwendung der Bekanntmachung nicht aus, dass ein Sachverhalt ganz oder teilweise als horizontale Wettbewerbsabrede gemäss Art. 5 Abs. 3 KG qualifiziert oder von Art. 7 KG erfasst wird. Diesfalls ist der Sachverhalt unabhängig von der Bekanntmachung gemäss den einschlägigen Vorschriften des Kartellgesetzes zu beurteilen (Ziff. 8 Abs. 3 VertBek).

 

 

(64 Bekanntmachung der WEKO vom 28.6.2010 über die wettbewerbsrechtliche Behandlung vertikaler Abreden (Stand am 22.5.2017; Vertikalbekanntmachung, VertBek), BBl 2017 4543, abrufbar unter: www.weko.ch>Dokumentation>Bekanntmachungen/Erläuterungen).

(65 Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20.4.2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (nachfolgend: Vertikal-GVO), ABl. L 102 vom 23.4.2010, 1).

(66 Leitlinien für vertikale Beschränkungen, Mitteilung der Europäischen Kommission (nachfolgend: EU-Vertikalleitlinien), ABl. C 130 vom 19.5.2010, 1).

 

 

46. Ein Wettbewerber ist laut Definition der Vertikal-GVO (Art. 1 Abs. 1 Bst. c) ein tatsächlicher oder potenzieller Wettbewerber; ein «tatsächlicher Wettbewerber» ist ein Unternehmen, das auf demselben relevanten Markt tätig ist; ein «potenzieller Wettbewerber» ist ein Unternehmen, bei dem realistisch und nicht nur hypothetisch davon ausgegangen werden kann, dass es ohne die vertikale Vereinbarung als Reaktion auf einen geringen, aber anhaltenden Anstieg der relativen Preise wahrscheinlich innerhalb kurzer Zeit die zusätzlichen Investitionen tätigen oder sonstigen Umstellungskosten auf sich nehmen würde, die erforderlich wären, um in den relevanten Markt einzutreten. Dies zeigt, dass nicht allein auf die unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufen abzustellen ist, sondern auf ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.

 

 

48. Die dargelegten europäischen Bestimmungen sind ausführlicher als jene in der Vertikalbekanntmachung. Sie gelten gestützt auf Erw.-Gr. VI. und VII. sowie Ziff. 8 VertBek auch in der Schweiz.

 

 

52. Aus dem Kooperationsvertrag (siehe oben, Rz 34) wird ersichtlich, dass darin die Liefer- und Bezugsbeziehung zwischen Brenntag und Bucher zwecks Weiterverkaufs von AdBlue geregelt wurde. Bezüglich dieser Liefer- und Bezugsbeziehung stehen Brenntag und Bucher auf verschiedenen Marktstufen. Während Brenntag Generalimporteurin und Anbieterin des AdBlue ihrer Lieferantin ist, ist Bucher Abnehmerin. Somit handelt es sich bei dieser Liefer- und Bezugsbeziehung um ein vertikales Verhältnis. Zur Beantwortung der Frage, ob die im Kooperationsvertrag gleichzeitig vereinbarte absatzseitige Kundenaufteilung eine eigenständige horizontale Verhaltenskoordinierung darstellt, ist zu eruieren, ob sich die Vertragsparteien (entlang der ganzen Vertriebskette von AdBlue oder in Teilbereichen) als Wettbewerberinnen (siehe oben, Rz 46) gegenüberstehen.

 

 

(…) Anlage 3 des Kooperationsvertrags definierte denn auch Spezialfälle, die ausnahmsweise Lieferungen oder vorgängige Abstimmungen der Vertragsparteien vor einer Kontaktaufnahme bzw. einer Lieferung an die jeweiligen Kundinnen und Kunden vorsahen (vgl. oben, Rz 34) (Rz 53).

 

 

54. Diese Elemente zeigen auf, dass Bucher und Brenntag absatzseitig entlang der gesamten Vertriebskette von AdBlue Wettbewerberinnen sind, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Während Brenntag vor allem Grosskundinnen und -kunden beliefert, die grössere Mengen von AdBlue nachfragen (i.d.R. lose im Tankfahrzeug oder in grösseren Behältern), verkauft Bucher überwiegend abgepackte Ware (Kanister) an kleinere Abnehmerinnen und Abnehmer über den Aussendienst. Im Übrigen haben die Abklärungen des Sekretariats ergeben, dass Bucher auch ohne Zusammenarbeit mit Brenntag ins Geschäft mit AdBlue eingestiegen wäre. Somit war Bucher zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kooperationsvertrags eine potenzielle Wettbewerberin von Brenntag.

 

 

Die absatzseitige Kundenaufteilung ist somit als horizontale Wettbewerbsabrede zwischen Bucher und Brenntag zu werten, die nach den einschlägigen Bestimmungen des Kartellgesetzes zu würdigen ist (Ziff. 8 Abs. 3 VertBek).

 

 

61. Aufgrund des Agreements ist Brenntag von einer Lieferantin von AdBlue zum Vertrieb von AdBlue in der Schweiz ermächtigt. Brenntag vertritt ihre Lieferantin von AdBlue gemäss deren Instruktion und darf sie in diesen Schranken vertraglich binden. Verkäufe erfolgen im Namen von Brenntag, aber auf Rechnung der Lieferantin von AdBlue.

 

 

62. Das Agreement sieht vor, dass Brenntag ein Konsignationslager führt. Das Eigentum an der Vertragsware geht direkt von der Lieferantin von AdBlue auf den Käufer über. Im Verhältnis zu Brenntag übernimmt die Lieferantin von AdBlue diverse Kosten wie solche, die aufgrund vertragsgemässer Durchführung des Vertrags entstehen, sowie Liefer- und Versicherungskosten. Die Lieferantin von AdBlue übernimmt auch das Risiko der Nichterfüllung.

 

 

65. Im Schweizer Kartellrecht gibt es keine Bestimmungen, welche vorsehen, wie Personen, die im Auftrag einer anderen Person (Auftraggeber) entweder im eigenen Namen oder im Namen des Auftraggebers handeln, kartellrechtlich zu behandeln sind.88 Anders ist dies in der EU. Die EU-Vertikalleitlinien behandeln diese Konstellation mit dem Rechtsinstitut des Handelsvertreters (siehe oben, Rz 64). Gestützt auf die Erw.-Gr. VI. und VII. VertBek können die in der EU entwickelten Grundlagen bezüglich der Risikoverteilung zur Klärung der Frage herangezogen werden, ob die Tätigkeit des Auftragnehmers aufgrund des fehlenden unternehmerischen Risikos vollumfänglich dem Auftraggeber zuzurechnen ist.89

 

88 Das Schweizer Zivilrecht kennt jedoch im Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) (Obligationenrecht, OR; SR 220) mit dem Auftrag (Art. 394 ff. OR), insb. dem Agenturvertrag (Art. 418a ff. OR), und der Kommission (Art. 425 ff. OR) Vertragsverhältnisse, die das Handeln im Auftrag einer anderen Person entweder im eigenen oder im Namen des Auftraggebers regeln.

 

89 Vgl. Urteil des BVGer B-3975/2013 vom 30.10.2019, E. 6.3, Les Editions Flammarion SA/COMCO; RPW 2013/4, 481 f. Rz 32 ff., Costa Kreuzfahrten; RPW 2016/1, 79 Rz 97 f., Online-Buchungsplattformen für Hotels; RPW 2017/4, 701 ff. Rz 45 ff., Gutachten: Vertrieb ausländischer Zeitschriften in der Schweiz; RPW 2018/2, 256 Rz 86 ff., marché du livre écrit en français. Siehe auch HADI MIRZAI/MARQUARD CHRISTEN, Handelsvertreterverhältnisse im Kartellrecht, in: Jusletter vom 15.10.2018, welche u.a. einen Überblick über die Beratungspraxis des Sekretariats i.S. Handelsvertreterverhältnisse geben.

 

 

 

77. Vorliegend wird nicht abschliessend geklärt, ob Brenntag im Verhältnis mit ihrer Lieferantin von AdBlue wirtschaftliche Risiken trägt, und falls ja, in welchem Umfang, und ob Brenntags Verhalten demnach Brenntag oder ihrer Lieferantin von AdBlue zuzurechnen ist. Es ist deshalb nicht nachgewiesen, dass es sich bei der Kundenaufteilung, die Brenntag und Bucher vereinbart haben, um eine Abrede zwischen Konkurrenten handelt, die gemäss den einschlägigen Bestimmungen des Kartellgesetzes zu beurteilen ist. Eine Abrede über eine Kundenaufteilung im horizontalen Verhältnis beseitigt vermutungsweise den wirksamen Wettbewerb. Dagegen erfüllt eine absatzseitige Abrede über eine Kundenaufteilung zwischen Wettbewerbern, die gestützt auf Ziff. 8 Abs. 2 Bst. a VertBek nach der Vertikalbekanntmachung zu beurteilen ist, keinen der Vermutungstatbestände gemäss Art. 5 KG.

 

 

Räumlich relevanter Markt

Von Direktimport wird gesprochen, wenn Endkundinnen und Endkunden Produkte im Ausland einkaufen und in die Schweiz einführen. Von Parallelimporten wird gesprochen, wenn Händler Produkte im Ausland erwerben und ausserhalb der vom Hersteller vorgesehenen Vertriebskanäle in die Schweiz einführen (Rz 88).

 

 

Qualitative Beeinträchtigung des Wettbewerbs

 

89. Vorliegend ist erwiesen, dass Brenntag und Bucher zwischen 2014 und 2017 eine absatzseitige Kundenaufteilung vereinbart haben. Zu prüfen ist, ob durch die Kundenaufteilung auch Passivverkäufe, d.h. die Erledigung unaufgeforderter Bestellungen einzelner Kundinnen und Kunden, eingeschränkt worden sind.

 

90. In der Anlage 3 zum Kooperationsvertrag ist festgehalten, dass gewisse Kundinnen und Kunden exklusiv nur durch Bucher resp. Brenntag beliefert werden. Im Kooperationsvertrag wird nicht zwischen passiven und aktiven, d.h. die aktive Ansprache einzelner Kundinnen und Kunden, Verkäufen unterschieden, doch legt eine Auslegung dieser Klausel nach dem Wortlaut nahe, dass Bucher resp. Brenntag die Kundinnen und Kunden exklusiv beliefern soll, ungeachtet dessen, ob die Lieferung aufgrund einer unaufgeforderten Bestellung einzelner Kundinnen und Kunden oder aktiven Ansprache einzelner Kundinnen und Kunden ausgelöst wurde.

 

91. Gemäss Ziff. 12 Abs. 2 Bst. b VertBek wird eine Beschränkung der Kundengruppen, an die ein an der Vereinbarung beteiligter Abnehmer verkaufen darf, als qualitativ schwerwiegend betrachtet. Eine qualitativ schwerwiegende Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufgrund des Gegenstandes liegt jedoch nicht vor bei Beschränkungen des aktiven Verkaufs an Kundengruppen, die der Abnehmer sich selbst vorbehalten hat, vorausgesetzt, dass Passivverkäufe uneingeschränkt möglich sind (Ziff. 12 Abs. 2 Bst. b i) VertBek). Diese Ausnahme greift vorliegend nicht, weil Passivverkäufe aufgrund des Wortlauts der Kundenaufteilungsklausel im Kooperationsvertrag ausgeschlossen sind. Folglich liegt eine qualitativ schwerwiegende Abrede im Sinne von Ziff. 12 Abs. 2 Bst. b VertBek vor.

 

 

Quantitative Beeinträchtigung des Wettbewerbs

 

92. Die Prüfung der quantitativen Beeinträchtigung des Wettbewerbs erfolgt üblicherweise anhand derselben Konzepte wie die Frage, ob die Unzulässigkeitsvermutung nach Art. 5 Abs. 4 KG widerlegt werden kann ; d.h. im Fall von Vertikalabreden anhand des vorhandenen Intrabrand- und Interbrand-Wettbewerbs. Die Analyse unterscheidet sich jedoch im Mass der Wettbewerbsbeeinträchtigung, welches erreicht sein muss, damit eine Abrede den Wettbewerb beseitigt oder (nur) erheblich beeinträchtigt.

 

93. Da die absatzseitige Kundenaufteilung eine qualitativ schwerwiegende Abrede gemäss Ziff. 12 Abs. 2 Bst. b VertBek darstellt (siehe oben, Rz 91), braucht es in quantitativer Hinsicht nur wenig, um die Abrede gestützt auf eine Gesamtbeurteilung der betrachteten qualitativen und quantitativen Kriterien als erhebliche Wettbewerbsbeschränkung zu qualifizieren (siehe oben, Rz 82).

 

94. Der mengenbasierte Marktanteil von Brenntag auf dem Schweizer Markt für AdBlue lag im Untersuchungszeitraum gestützt auf Schätzungen von Brenntag zwischen [20–30] % im Jahr 2014 und [10–20] % im Jahr 2017. Gestützt auf die Schätzungen des Gesamtmarktvolumens von Brenntag und die Liefermengen von Brenntag an Bucher ergeben sich geschätzte Marktanteile von Bucher in Höhe von [0–10] % im Jahr 2014 und [0–10] % im Jahr 2017. Bucher schätzt die eigenen mengenbasierten Marktanteile auf [0–10] % im Jahr 2016 und [0–10] % im Jahr 2017.

 

95. Nebst Bucher und Brenntag gibt es eine Reihe anderer Anbieter mit Vertrieb von AdBlue in der Schweiz. Dazu gehört insbesondere die BASF SE, Deutschland, mit der Schweizer Vertriebspartnerin Thommen-Furler AG, die österreichische Borealis AG mit Vertrieb über ein eigenes Netz und externe Partner sowie die deutsche Hoyer mit der Schweizer Vertriebspartnerin Oel Pool AG. Weitere Wettbewerber sind Tankstellenketten (z.B. Shell, Avia, Total) und internationale Transportunternehmen.

 

B.4.3.4. Fazit

97. Gestützt auf eine Gesamtbeurteilung der dargelegten qualitativen und quantitativen Kriterien kommt die WEKO zum Schluss, dass die absatzseitige Kundenaufteilungsabrede zwischen Bucher und Brenntag den Wettbewerb auf dem schweizweiten Markt für den Vertrieb von AdBlue im Sinne von Art. 5 Abs. 1 KG erheblich beeinträchtigte.

 

 

B.4.4. Rechtfertigung aus Effizienzgründen

 

99. Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich, welche die absatzseitige Kundenaufteilungsabrede im Sinne von Art. 5 Abs. 2 KG rechtfertigen könnten. Die Parteien haben auch keine möglichen Effizienzgründe geltend gemacht.

 

 

B.4.5. Ergebnis

100. Die WEKO kommt gestützt auf die vorstehenden Erwägungen zu folgendem Ergebnis:

 

 • Die im Kooperationsvertrag zwischen Brenntag und Bucher vereinbarte Kundenaufteilung stellt eine Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG dar (vgl. oben, Rz 31 ff.).

 

Vorliegend wird nicht abschliessend geklärt, wie die Risikoverteilung zwischen Brenntag und ihrer Lieferantin von AdBlue aussieht, und ob Brenntags Verhalten, d.h. die absatzseitige Kundenaufteilung mit Bucher, folglich Brenntag selber oder ihrer Lieferantin von AdBlue zuzurechnen ist (vgl. oben, Rz 71 f.). Es ist deshalb nicht nachgewiesen, dass es sich bei der Kundenaufteilung um eine Abrede zwischen Konkurrenten im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Bst. c KG handelt (vgl. oben, Rz 77 f.).

 

 

101. Die absatzseitige Kundenaufteilungsabrede zwischen Bucher und Brenntag ist somit eine unzulässige Wettbewerbsabrede im Sinne von Art. 5 Abs. 1 KG

 

 

 

 

(Verfügung vom 2. Dezember 2019 in Sachen Untersuchung gemäss Art. 27 KG betreffend AdBlue wegen unzulässiger Wettbewerbsabrede gemäss Art. 5 KG gegen 1. Brenntag Schweizerhall AG, in Basel, vertreten durch [...], 2. Bucher AG Langenthal, in Langenthal, vertreten durch [...], RPW 2020/2, S. 626 ff.)